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älterer Mann mit Bart sinnbildlich für die Charakterstärke Weisheit der Positiven Psychologie

Ein Plädoyer für die Weisheit

von Albert Glossner, 14. März 2022

Gerade hatten wir begonnen aufzuatmen. Nun befinden wir uns seit dem 24. Februar in einer neuen Krise. Es ist Krieg. All dies fordert uns - jeden auf unterschiedliche Weise. Und wir werden nicht nur individuell, sondern wie bei Corona auch kollektiv, als Gesellschaft gefordert. Wie kann da ein hilfreicher Beitrag der Positiven Psychologie aussehen? Zunächst dachte ich an Resilienz. Dann war mir klar: Weisheit, einer der Charakterstärken der Positiven Psychologie. Warum?

Das Thema „Weisheit“ in der Psychologie

Seit den 1980er Jahren begann die Psychologie, sich für das Thema Weisheit zu interessieren. Ein wichtiger Grund war das zunehmende wissenschaftliche Interesse am Altern. „Würde“ und „Weisheit“ waren zunächst die zwei einzigen positiv bewerteten Eigenschaften, die mit dem Alter in Verbindung gebracht wurden. Paul Baltes definierte Weisheit als Expertenwissen über die fundamentalen Themen des menschlichen Lebens. Um Weisheit zu erwerben, benötigt es viel Erfahrung, aber auch Selbsthinterfragung und Reflexion.

Kritik an dem Ansatz von Baltes war, dass dieser zu sehr den Aspekt des Wissens in den Vordergrund stellt. So könne man Weisheit auch eine bestimmte Form der Persönlichkeitsstruktur: sie setze das Bedürfnis nach Wissen voraus, die Bereitschaft, sich selbst kritisch zu hinterfragen und den Wunsch und die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen. Einen weiteren Aspekt brachte Levenson in die Diskussion: Er betrachtet Selbsttranszendenz als zentrales Merkmal von Weisheit: Weise Menschen haben sich intensiv mit sich auseinandergesetzt, ihre Stärken und Schwächen akzeptiert, sodass sie nicht mehr nötig haben, Selbstbestätigung im Außen zu suchen.

Weisheit als Charakterstärke

Im Stärkenmodell der Positiven Psychologie ist „Weisheit“ eine der 24 Charakterstärken. Dort wird Weisheit wie folgt definiert: „Anderen klugen Rat geben können: eine Art der Weitsicht haben, die sowohl für einen selbst als auch für andere Menschen sinnvoll ist.“ (Niemiec 2019). Es geht darum, auch Gesichtspunkte jenseits des eigenen Standpunktes integrieren zu können. Interessant finde ich hier auch die von Niemiec zusammengefassten Forschungs-Highlights:

  • Weisheit ist eine der Stärken, die am engsten mit einem Leben voll Engagement („life of engagement“) verbunden ist.
  • Weisheit ist verknüpft mit erfolgreichem Altern und Wohlbefinden bei älteren Erwachsenen.
  • Weisheit hat sich als wirkungsvoller Puffer erwiesen gegenüber den negativen Wirkungen von Stress und traumatischen Erfahrungen.

Das klingt gut. Die Frage ist, wie lässt sich die Stärke „Weisheit“ entwickeln und fördern? Hier finde ich die Arbeit der österreichischen Psychologin Judith Glück sehr wertvoll. Sie ermöglicht einen differenzierten Blick auf die Facetten von Weisheit und gibt zahlreiche Anregungen, wie Weisheit entwickelt und gefördert werden kann.

Die 5 Ressourcen der Weisheit nach Judith Glück

„Es sind unterschiedliche Lebenswege, ob dein Ziel ist, glücklich zu sein oder dein Ziel ist, weise zu werden.“ (Judith Glück)

Ausgangspunkt von Judith Glück war zunächst das Verständnis von Weisheit als „Expertenwissen über das Leben“ von Paul Baltes. Die zentrale Frage ihrer Forschungsarbeit war darauf aufbauend, welche persönlichen Einstellungen, Fähigkeiten oder Eigenschaften dazu führen, dass einige Menschen mehr Weisheit entwickeln als andere.

In ihrer Forschungsarbeit hat Judith Glück Menschen gesucht, die von anderen als „weise“ bezeichnet werden. In autografischen Interviews hat sie diese Menschen befragt, wie sie mit kritischen Lebensereignissen umgegangen sind und beobachtet, inwieweit dabei die fünf Ressourcen genutzt haben und diese auch weiterentwickelt wurden.

Diese Gespräche haben dazu geführt, dass einerseits das Konzept der 5 Ressourcen bestätigt wurde, sie ihren Blick auf die Ressourcen geschärft hat. Hier die 5 Ressourcen für den Aufbau von Weisheit:

Offenheit

Damit ist die Bereitschaft gemeint, sich auf neue Erfahrungen, andere Denkweisen, auf Veränderungen einzulassen. Wie kann dies gefördert werden?

  • indem wir uns für Menschen interessieren, die uns fremd sind: Was bewegt die, wie ticken die, was geht in denen vor?
  • indem wir eigene Überzeugungen hinterfragen
  • indem wir uns neuen Erfahrungen aussetzen, kleine wie große

Guter Umgang mit den eigenen Gefühlen

Dies bedeutet, eigene Gefühle wahrzunehmen, was insbesondere bei unklaren, gemischten Gefühlen herausfordernd sein kann. Es bedeutet aber andererseits auch, mit diesen Gefühlen nicht ins Drama abzugleiten, sich darin zu verlieren, sondern zu lernen, sie zu regulieren. Und es geht darum, eigene Gefühle zu verstehen, sie zu reflektieren und ihre Bedeutung zu verstehen. Und es geht darum zu lernen, im Einklang mit den eigenen Bedürfnissen und Gefühlen zu leben. Wie kann dies gefördert werden?

  • Gedankliche Reflexion eigener Gefühle, zum Beispiel in einem Tagebuch
  • Üben, Gefühle (auch körperlich) wahrzunehmen, aber nicht zu überreagieren
  • Zunehmend im Einklang mit eigenen Bedürfnissen und Gefühlen leben – was Mut zu Veränderungen erfordern kann

Einfühlungsvermögen

Damit meint Judith Glück, die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, mitzudenken und mitzufühlen. Dies fällt vielen leicht, wenn es um Menschen geht, die einem Nahe stehen. Herausfordernder wird es, sich in Menschen hineinzuversetzen, die einem fremd sind, die einer anderen Kultur angehören oder einen anderen politischen Standpunkt vertreten. Wie können wir das üben?

  • Bei einem Konflikt sich selbst beobachten, die eigene Körpersprache wahrnehmen, zu reflektieren, woher kommen meine Gefühle?
  • Die Einfühlung und das Mitgefühl gegenüber Fremden zu kultivieren

Reflektivität

Dies ist die Bereitschaft, komplexe Dinge in ihrer Komplexität zu verstehen, sich nicht mit schnellen, einfachen und oberflächlichen Lösungen zufriedenzugeben. Die Bereitschaft und Fähigkeit, sich selbst kritisch zu hinterfragen. Diese können wir fördern durch:

  • sich damit auseinanderzusetzen, wie die Gegenseite argumentieren würde
  • über einen Konflikt zu schreiben
  • die Wahrnehmungsposition verändern: Was würdest du jemanden anders raten, der in der gleichen Situation ist wie du?

Die Aufgabe der Kontroll-Illusion

(Vorab eine Bemerkung: Dieses Thema ist aus meiner persönlichen Sicht der Hammer.)

Wir wissen aus der Forschung, dass Selbstwirksamkeit das Wohlbefinden steigert. „Accomplishment“ ist einer der fünf Säulen des PERMA-Modells des Flourishing. Und gleichzeitig wissen wir auch, dass die Mehrzahl der Menschen subjektiv das Risiko, an Krebs zu erkranken, niedriger einschätzt als die statistische Wahrscheinlichkeit dafür ist.

Judith Glück nennt dies die „Aufgabe der Kontroll-Illusion“. Also zu akzeptieren, dass, auch wenn wir vieles beeinflussen können und wir wirksam sein können, es immer einen Bereich gibt, der außerhalb unserer Kontrolle liegt. Zum Beispiel: dass, auch wenn wir uns gesund ernähren und viel bewegen, für Entspannung sorgen, trotzdem morgen schwer krank werden können. Dass, wenn wir heute in einer guten Beziehung leben, sich das schon morgen verändern kann. Wenn wir uns heute für Frieden einsetzen, kann morgen Krieg sein.

Aufgabe der Kontroll-Illusion meint die letztlich die Akzeptanz, dass wir nicht vor Schicksalsschlägen gefeit sind und gleichzeitig sich dessen bewusst sein, dass wir vieles – aber nicht alles - bewirken können, also eine realistische Einschätzung unserer Möglichkeiten und Grenzen entwickeln.

Wie kann dieses gefördert werden?

  • sich die Frage stellen: Wogegen kämpfe ich, was ich nicht verändern kann?
  • Grenzen zu akzeptieren, zum Beispiel in Paarbeziehungen
  • auch in Situationen der Zufriedenheit sich bewusst machen, dass nicht alles bleiben muss, wie es ist.

Warum ich glaube, dass wir gerade jetzt Weisheit stärken sollten

Die Krisen unserer Zeit fordern uns individuell als auch kollektiv, als Gesellschaft.

Auf der individuellen Ebene geht es unter anderem darum, wie wir mit der stressenden Situation umgehen. Es geht um einen guten Umgang mit den eigenen Gefühlen: der Angst, der Wut, der Empörung, der Solidarität, der Hilflosigkeit oder welchen Gefühlen auch immer. Diese nicht wegzudrücken, sondern wahrzunehmen, uns nicht davon wegtragen zu lassen, sie zu reflektieren. Ich erinnere mich daran, wie ich aus meiner Empörung heraus in den ersten Tagen des Krieges mich mit den militärischen Verteidigern identifiziert habe – und das als ehemaliger Kriegsdienstverweigerer.

Es geht auch darum, uns einzufühlen, zunächst natürlich in die Opfer des Krieges und aus dieser Kraft heraus zu helfen. Weisheit fordert uns aber auch dazu auf, uns in alle anderen in diesen Konflikt involvierten Parteien hineinzuversetzen, bei denen es uns schwerer fällt. Hier darf sich jeder aussuchen, was einem am fremdesten ist: die Psyche Putins, russische Soldaten, Menschen in Belarus, Russen, die in Deutschland leben, diejenigen die politische Verantwortung tragen, Rechtspopulisten, die NATO, … Und das, ohne den eigenen Standpunkt zu verlieren. Wir sind aufgefordert, das Fremde zu erkunden, wollen wir unsere Weisheit stärken. Nur so kann langfristig ein Weg zum Frieden möglich sein – das ist meine Überzeugung.

Weisheit fordert uns auf, nicht der Versuchung zu erliegen, in einfachen Antworten zu denken. Ich gehe davon aus, dass die Folgen des Krieges, sollte er noch länger dauern, auf der kollektiven Ebene uns als Gesellschaft zunehmend stressen werden. Einfache Antworten führen zu Polarisierungen, die letztendlich uns allen schaden. Und umgekehrt: Je differenzierter wir uns mit einem Thema beschäftigen, je mehr wir unterschiedliche Perspektiven einnehmen, desto weiser wird unsere Antwort sein. Mir selbst ist bewusst geworden, dass ich in den ersten Tagen in dieser neuen Kriegssituation zu einfach gedacht habe.

Und was für mich gerade die größte Herausforderung bedeutet: zu akzeptieren, dass es in meinem Leben Dinge gibt, über die ich einfach keine Kontrolle habe. Und dennoch, mich für das Beste einzusetzen.

Literatur:

  • Glück, J. (2016). Weisheit –die 5 Prinzipien des gelingenden Lebens.
  • Niemiec, R.M.  (2019). Characterstärken Interventionen.
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