von Albert Glossner, 05. November 2025
Ende Oktober war es wieder so weit: Zum mittlerweile siebten Mal habe ich ein Training in Asien durchgeführt, diesmal wieder ein Train-the-Trainer für Jungheinrich. Ort war Shanghai, wobei die Teilnehmer aus Malaysia, Singapur, Thailand, Indien und Neuseeland stammen. Aus meinen früheren Trainings in Asien habe ich gelernt: meine Musik-Box habe ich gleich zu Hause gelassen. Westliche Musik passt einfach nicht. Was waren meine Eindrücke diesmal?
Gleich der erste Eindruck: bei E-Mobilität und Digitalisierung ist China weit voran. Es sind fast nur noch E-Autos unterwegs, Bezahlen läuft fast nur noch digital, Shanghai über Metro und Hellobike zu erkunden, war über Alipay extrem einfach und hat Spaß gemacht. Ich habe mich sicher und willkommen gefühlt. Was mein Herz berührte: Chinesen, die morgens sich im Park zu Tai-Chi treffen oder abends auf öffentlichen Plätzen gemeinsam tanzen.
Die Schattenseite: jede meiner Aktivität hat digitale Spuren hinterlassen. Und abgesehen von der Zeit im Hotelzimmer und im Trainingsraum gab es vermutlich keinen einzigen Zeitpunkt, in dem ich nicht im Blick mindestens einer der ständig präsenten Überwachungskameras war. Das Gute daran: ich habe mich zwar überwacht, aber stets sicher gefühlt.
Was ich auch aus anderen asiatischen Ländern kenne: in der Metro laufen ständig Filme, in denen erwachsene Menschen auf geradezu kindliche Weise zu rücksichtsvollem und umsichtigen Verhalten angeregt werden. Mein Highlight: das Verbotsschild „Nicht anlehnen“. Dessen Sinn hat sich mir allerdings nicht erschlossen. Warum sich nicht im Fahrstuhl oder in der Metro an der Wand oder an einer Haltestange anlehnen? Führt das unmittelbar in die Faulheit oder ins Verderben?

Zum Training: Das Schöne war, ich kannte alle Teilnehmer bereits von früheren Trainings, so war mir vieles schon vertraut. In einer Pause hat mir ein Trainerkollege erzählt, dass in Thailand alle praktischen Aufgaben im Training stets in Partnerarbeit und nicht in Einzelarbeit durchgeführt werden und dies einen kulturellen Hintergrund hat. Dadurch angeregt, habe ich am nächsten Tag ein Experiment gemacht. Ich habe angeboten, dass in einem wettbewerbsorientierten Wiederholungsspiel die Teilnehmer sich entscheiden können, ob sie die Übung in Partnerarbeit oder in Einzelarbeit machen wollen. Tatsächlich hat sich der westlich sozialisierte Neuseeländer für Einzelarbeit, alle asiatisch sozialisierten für Partnerarbeit entschieden. Stimmt also. Eigentlich hätte ich auch alleine durch Nachdenken darauf kommen können.
Die schnelle Antwort: vermutlich ja. Ganz klar, es gibt auch in Trainings in Asien störendes Teilnehmerverhalten. Ziel des Train-the-Trainer ist, dieses Verhalten früh wahrzunehmen, auf angemessene Weise darauf zu reagieren und es zu lösen, ohne in die Konfrontation zu gehen. Das dürfte auch in einer asiatisch geprägten Kultur sinnvoll sein.
In der praktischen Prüfungssequenz, in der immer auch ein Teilnehmer die Instruktion erhält, sich auf bestimmte Weise sich störend zu verhalten, geht es dann darum, dies schnell wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Aus sonstigen Trainings kenne ich, dass die Trainer in der Prüfungssituation häufig extrem schnell das Verhalten wahrnehmen und darauf reagieren. Nicht so hier: es gab etliche Trainer, die, wenn überhaupt, es erst spät wahrgenommen haben und teils gar nicht oder erst extrem spät darauf reagieren. Ich bin mir bis jetzt nicht wirklich klar darüber, ob es einfach Zufall in dieser Gruppe war oder das Trainer-Verhalten durch kulturelle Prägungen (nur nicht jemanden Bloß-Stellen) beeinflusst wird. Vermutlich letzteres. Und wenn das so wäre, dann hätte es Einfluss darauf, wie in Asien der Umgang mit Störungen im Training vermittelt werden müsste. Ich bleibe dran…
Grundsätzlich bin ich überzeugt, dass Menschen dann am Besten lernen, wenn sie gegenüber dem Lehrenden Vertrauen und Respekt entgegenbringen. Mir als Lehrenden zu vertrauen und mir Respekt entgegenzubringen, das kann ich nicht einfordern. Es wird mir geschenkt. Natürlich: ich kann einiges dafür tun, dass Lernende mir Vertrauen und Respekt entgegenbringen.
Ein Grund, warum ich in Asien gerne trainiere, ist, weil hier Beziehung eine große Rolle spielt. Und es wird mir sehr einfach gemacht: älteren und lehrenden Menschen wird grundsätzlich viel Respekt entgegengebracht.
In diesem Training ist aber noch ein weiterer Aspekt aufgetaucht: die Dankbarkeit. Ich habe selten erlebt, dass Teilnehmende am Ende des Trainings ihre Dankbarkeit so klar und selbstverständlich ausdrücken. Der Thailänder ganz am Ende zu mir: „Thank you teacher“. Ich überlege einen kleinen Augenblick, dann antworte ich ihm: „Thank you learner“. Dann haben wir beide gelacht.
Die Train the Trainer-Ausbildung vermittelt das nötige Wissen, um Trainings im Unternehmen klar, lebendig und wirksam zu gestalten – national wie international. Teilnehmende lernen, Inhalte verständlich zu vermitteln, Mitarbeitende zu aktivieren und Lernprozesse erfolgreich zu begleiten. Durch unseren mehrsprachigen Trainerpool können Trainings weltweit umgesetzt werden.


Über den Autor
Albert Glossner ist Diplom-Psychologe, Trainer und Geschäftsführer der abb-seminare. Seit 2017 ist er zertifizierter Ausbildungstrainer Positive Psychologie und bietet seitdem Ausbildungen in Positiver Psychologie, zertifiziert durch DACH-PP an.
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