von Albert Glossner, 06. Oktober 2025
Die Forschungslage ist eindeutig: Wer am Morgen gut erholt ist, zeigt am jeweiligen Arbeitstag ein höheres Engagement in der Arbeit, ist produktiver, proaktiver, setzt sich mehr für die Belange der Organisation ein und erlebt ein höheres Wohlbefinden. Umgekehrt: je stressiger der Arbeitsalltag erlebt wird, desto mehr Erholung ist notwendig (Sonnentag 2018).
Die Frage ist nun: was fördert Erholung? Das Ausmaß der Erholung am Feierabend und am Wochenende wird natürlich davon beeinflusst, wie Menschen die freie Zeit verbringen. In der Forschung werden häufig zwei Arten von Aktivitäten unterschieden:
Die Beschäftigung mit der Arbeit in der eigenen Freizeit – wen wundert es – führt zu geringerem Wohlbefinden, weniger Erholung, größerer Erschöpfung und weniger Energie für die Arbeit am nächsten Tag. Es sei denn, die Beschäftigung mit der Arbeit ist von Glückgefühlen oder guter Stimmung begleitet. Dann ist der negative Effekt auf Erholung nicht zu beobachten.
Einen differenzierten Blick auf das Wie der Erholung bietet der Ansatz von Saundra Dalton-Smith. Sie unterscheidet sieben Arten der Erholung. Ihr Modell geht davon aus, dass berufliche Tätigkeiten eine unterschiedliche Art der Beanspruchung beinhalten und damit auch verschiedene Arten der Erholung nötig sind, um einen entsprechenden Ausgleich zu finden. Finden wir nicht die geeignete Form der Erholung, so kann dies zu Erschöpfung, Krankheit oder Burnout führen. Wer Erholung damit verbindet, zu schlafen oder auf der Couch die nächste Staffel der Lieblingsserie anzuschauen, ist nach Dalton-Smith besonders anfällig für chronische Erschöpfung. Saundra Dalton-Smith, Ärztin und Forscherin, beschreibt folgende sieben Arten der Erholung.
Körperliche Erholung bezieht sich auf die Ruhe und Wiederherstellung des physischen Körpers. Dazu gehört ausreichender Schlaf, regelmäßige Bewegung und eine ausgewogene Ernährung. Anzeichen für ein mentales Erholungsdefizit können Verspannungen und Kopfschmerzen sein. Dalton-Smith unterscheidet zwei Formen der körperlichen Erholung: eine passive (Schlafen, Napping) und eine aktive Form (Dehnen, Strecken, Atemübungen). Dalton-Smith betont, dass ein gesunder Körper die Grundlage für ein erfülltes Leben bildet.
Geistige Erholung ist besonders nötig für Menschen, die viel geistig arbeiten, sich häufig konzentrieren müssen und gedanklich sehr gefordert werden. Hier geht es vor allem darum, mental zur Ruhe zu kommen, dem Geist Ruhepausen zu gönnen. Zur geistigen Erholung gehören einfache Techniken wie regelmäßige Pausen, die über den Tag verteilt werden, einem Notizbuch neben dem Bett, um Gedanken aufzuschreiben oder das Erlernen von Achtsamkeits-, Meditations- und Entspannungstechniken.
Diese Form der Erholung ist besonders wichtig für Menschen, die eine berufliche Rolle ausfüllen, die beinhaltet, sich stark auf andere Menschen einzustellen und diese zu unterstützen. Auch für Menschen, die dazu neigen, für andere da zu sein, Konfrontationen aus dem Weg zu gehen und denen ein „Nein“ schwerfällt, ist diese Form der Erholung besonders wichtig. Emotionale Erholung kann dann erreicht werden, wenn wir in einer Situation sind, die uns erlaubt, authentisch zu sein und unsere Gefühle auszudrücken. Hier empfiehlt Dalton-Smith die Frage: in welcher meiner Beziehungen / Freundschaften kann ich mich selbst authentisch ausdrücken und spüre nicht den Druck, gefallen zu wollen?
Diese Art der Erholung ist besonders wichtig für Menschen, deren Berufsalltag vor allem durch Beziehungsarbeit geprägt ist. Hier geht es vor allem darum, einen Ausgleich von Geben und Nehmen zu finden. Dies gelingt dann am Besten, wenn wir mit positiven und unterstützenden Menschen zusammen sind. Ein Defizit an sozialer und emotionaler Erholung tritt oft gleichzeitig auf. Während emotionale Erholung den Fokus auf einen authentischen Selbstausdruck hat, geht es bei sozialer Erholung um das Verhältnis von Geben und Nehmen.
Die spirituelle Erholung bezieht sich darauf, Zugehörigkeit, Liebe und Akzeptanz zu spüren. Dies kann überall da stattfinden, wo wir Verbundenheit und uns als Teil von etwas Größerem wahrnehmen, Dies ist beispielsweise in Gemeinschaften, in der Natur oder in der Meditation möglich. Es geht hier darum, Abstand von den Routinen des Alltags zu finden.
Das moderne Arbeitsleben ist häufig damit verbunden, einer Vielzahl von Sinnesreizen ausgesetzt zu sein. Für diese Menschen ist besonders erholsam, Sinneseindrücke zu reduzieren oder sich nur auf ganz wenige Sinne fokussieren zu können. Erholung der Sinne bedeutet, zwischendurch immer wieder mal die Augen zu schließen, abends den Stecker von allen elektronischen Geräten zu ziehen oder sich immer wieder kleine oder größere Auszeiten zu nehmen, in denen ganz bewusst bestimmte Sinne ausgeschaltet werden. Dies ist besonders wichtig für Menschen, die in ihrem Alltag einer Vielzahl von Reizen ausgesetzt sind.
Kreative Erholung bedeutet nicht nur die Fähigkeit, sich von beruflichen Verpflichtungen zu lösen und Zeit für Hobbys und persönliche Interessen zu finden. Hier geht es auch darum, sich der Schönheit der Umgebung zu öffnen, sei es in Form von Natur, Kunst oder Musik.
Wenn du diesen Ansatz für dich nutzen möchtest, dann geht es im ersten Schritt darum, dir bewusst zu machen, welche Form der Beanspruchung dein Alltag vor allem mit sich bringt. Dann bieten dir sieben Arten der Erholung ein Raster, um dich zu sensibilisieren, welche Form der Erholung dir am meisten Kraft gibt. Und welche Art der Erholung du noch stärker als bisher nutzen darfst.
Auf der Webseite von Sandra Dalton-Smith gibt es einen Fragebogen zu den 7 Arten der Erholung (allerdings nur auf Englisch). Die Auswertung gibt einen Hinweis, auf welche Art der Erholung du dich fokussieren solltest.
Das Thema Erholung ist Teil der Ausbildung Positive Psychologie Level 1. Hier kannst du tiefer in die Themen Erholung, Achtsamkeit und Dankbarkeit eintauchen.
Die Ausbildung bietet dir einen tiefen Einblick in alle zentralen Themenbereiche der Positiven Psychologie. Du setzt dich mit Konzepten, Interventionen und Forschungsergebnissen auseinander. Du erlebst vielfältige praktische Übungen der Positiven Psychologie. Das intensive Erleben unterstützt dich in deinem eigenen Aufblühen und ermöglicht dir, deren Wirkung genauer einzuschätzen und sie gezielt in deinem jeweiligen beruflichen Arbeitsfeld einzusetzen. All dies unterstützt dich darin, Positive Psychologie auf fundierte und wirkungsvolle Weise in deiner Arbeit mit Menschen anzuwenden.
Über den Autor
Albert Glossner ist Diplom-Psychologe, Trainer und Geschäftsführer der abb-seminare. Seit 2017 ist er zertifizierter Ausbildungstrainer Positive Psychologie und bietet seitdem Ausbildungen in Positiver Psychologie, zertifiziert durch DACH-PP an.
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