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von Albert Glossner, 04. März 2016
„Positive Psychologie? Gibt es denn auch eine negative Psychologie?“ Das ist eine häufige Reaktion auf diese recht neue Fachrichtung der Psychologie, die Positive Psychologie. Und sie deutet unmissverständlich auf den Ursprung der Positiven Psychologie hin, denn die Antwortet darauf lautet „Jein“. Es gibt sie schon gewissermaßen, die negative Psychologie.
Die Psychologie war lange Zeit eine defizitorientierte Forschungsrichtung. Stark gefördert durch das Militär, vor allem in den USA, welches nach den Weltkriegen mit den starken psychischen Belastungen der Soldaten zu kämpfen hatte, befasste sich die Psychologie lange Zeit hauptsächlich mit der Entstehung und Heilung psychischer Störungen. Das Ziel bestand darin, den Menschen von „psychisch krank“ wieder hin zu „normal“ bzw. „gesund“ zu begleiten und zu behandeln.
Der Weg ging also weg von Depressionen und Angststörungen, Zwängen, Belastungsreaktionen wie Traumata u.v.m. Die Palette der erforschten Störungen ist inzwischen breit. Erst kürzlich hat die APA (American Psychiatric Association) mit einem neuen Diagnosemanual, dem DSM 5, für Aufruhr gesorgt. Man habe die Diagnosekriterien gelockert und neue Störungen hinzugefügt, sodass jetzt noch mehr Menschen in die Kategorie „psychisch krank“ fallen, so die Kritik.
Psychische Erkrankungen sind mittlerweile die größte Ursache für Krankheitstage in den Industrieländern. In Deutschland, so neue Zahlen, erkranken im Laufe eines Jahres 12 % aller Erwachsenen an einer Depression. Welchen Stellenwert hat hier eine Positive Psychologie?
Das Kontinuum der Psyche hat auch eine positive Seite, die in den letzten Jahren in der Forschung weiter in den Fokus gerückt ist. Als Gegenteil von „psychisch krank“ spricht man heute nicht mehr von „psychisch gesund“ – das ist allenfalls die Null auf dem Kontinuum – sondern von psychischem Aufblühen, dem „Flourishing“ (Keyes, 2010). Dahinter steckt die Annahme, dass der menschliche Geist sehr viel mehr kann, als nur normal zu funktionieren, und dass es sich lohnt, diese psychische Gesundheit zu fördern und zu kultivieren.
Warum? Neben dem ganz persönlich erlebten höheren Wohlbefinden haben „aufblühende“ Menschen eine Reihe von weiteren Vorteilen: Sie sind gesünder und leben länger, sie haben erfolgreichere Karrieren, sie sind durch qualitativere Freundschaften sozial gut eingebunden und führen zufriedene Beziehungen und stabilere Partnerschaften (z.B. Fredrickson, 2001; Lyubomirsky, King & Diener, 2005). Viele Forschungsfelder der Psychologie, die hier einfließen, sind zwar schon älter und keine moderne Erfindung (z.B. Motivation, Selbstwert oder Optimismus).
Neu an der positiven Psychologie ist jedoch vor allem die Richtungsänderung, hin zu psychischer Gesundheit, Aufblühen, Entfaltung des ganzen Potenzials des Einzelnen, glücklich sein.
Eine eingängige Metapher dazu kommt von Biswas-Diener (2010).
Man stelle sich den Menschen wie ein Segelboot vor. Löcher im Rumpf (Probleme) muss man zwar stopfen, um nicht unter zu gehen, aber wenn man immer nur damit beschäftigt ist, Lecks zu beseitigen, fährt man niemals irgendwo hin – und dazu ist das Schiff nun mal nicht gebaut worden. Segel setzen (eigene Stärken nutzen) heißt stattdessen die Devise. Dann steht einer „vollen Fahrt voraus“ das eine oder andere kleinere Leck nicht im Wege. Natürlich ist es nötig, sich zu gewissen Zeiten um die Lecks zu kümmern. Mindestens genauso wichtig ist es aber, zum richtigen Zeitpunkt die Segel zu setzen. In der Positiven Psychologie geht es um die Kunst des „Segel setzens“.
Die positive Psychologie sucht darauf Antworten. Sie erfindet und testet Übungen und Interventionen, die das Wohlbefinden steigern sollen. Dabei folgt sie einem einfachen Prinzip: Indem sie Verhaltensweisen von bereits zufriedenen Menschen studiert und in Handlungsanweisungen bzw. Übungen übersetzt, macht sie Wohlbefinden förderndes Verhalten konkret erlernbar (Parks, Della Porta & Pierce, 2012). Das Prinzip dabei ist häufig, das Verhalten oder die Gedanken von bereits zufriedeneren Menschen zunächst angeleitet nachzuahmen und deren psychischen Prozesse damit aktiv bei sich selbst zu induzieren (Fordyce, 1983).
Es findet eine Stärkung der neuronale Bahnen statt, die diese positiven Prozesse vermitteln. Indem sie häufiger (absichtlich) verwendet werden, werden sie mit der Zeit stabiler und entsprechendes Verhalten kann später automatisch (unabsichtlich) stattfinden. Im Falle der positiv psychologischen Interventionen besteht durch das induzierte positive Gefühl eine kurzfristige Belohnung, die es zusätzlich wahrscheinlicher macht, dass das Verhalten beim nächsten Mal spontan auftritt. Es entsteht im besten Fall ein „positiver Teufelskreis“, eine Aufwärtsspirale.
Übrigens hat Positive Psychologie nichts mit flapsigen Aufforderungen wie „Denk doch mal positiv!“ oder der so genannten „Happyology“ zu tun. Eine Negation von unangenehmen Emotionen oder auftauchenden Schwierigkeiten ist nicht das Ziel. Im Gegenteil: gerade Schwierigkeiten und auch das menschliche Leiden sind das, was dem Leben Tiefe verleiht.
Der Ansatz der Positiven Psychologie ist, alle Facetten des menschlichen Erlebens zu akzeptieren, sinnvoll zu integrieren und sich Bewältigungsstrategien bereit zu legen – um die eigene Psyche wohlwollend beim Aufblühen zu unterstützen und sich selbst etwas Gutes zu tun. Dabei arbeitet sie mit folgenden Themen:
Informationen zu einem Einführungsseminar Positive Psychologie findest du hier.
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