von Albert Glossner, 03. April 2020
Ein interessantes Konzept, das aus der Übertragung der Positiven Psychologie in das Management stammt, ist das „Psychologische Kapital“. Damit sind bestimmte psychische Ressourcen gemeint, die Menschen im Berufs- als auch im Privatleben zur Verfügung stehen. Recht gut erforscht ist, dass die Ausprägung des Psychologischen Kapitals mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen in Verbindung steht.
Der Begriff „Psychologisches Kapital“ (PsyCap) wurde vom US-amerikanischen Managementwissenschaftler und -berater Fred Luthans geprägt und erstmals im Jahr 2004 mit dem Artikel „Human, Social, and Now Positive Psychological Capital Management: Investing in People for Competitive Advantage“ einer größeren Öffentlichkeit vorgestellt.
Das Psychologische Kapital besteht laut Luthans aus vier Komponenten – aus Ressourcen, die dem Individuum im Berufs- als auch im Privatleben zur Verfügung stehen:
Studien belegen einen kausalen Zusammenhang zwischen Psychologischem Kapital auf der einen Seite sowie individueller Leistung und Ergebnisse einer Organisationseinheit auf der anderen Seite.
In einer Metaanalyse über 51 Studien mit insgesamt 12.567 Personen (Avey et. al. 2011) konnten folgende Korrelationen bestätigt werden:
Psychisches Kapital korreliert positiv mit:
Psychisches Kapital korreliert positiv mit:
Psychologisches Kapital setzt sich aus vier Bausteinen zusammen, die allerdings nicht trennscharf voneinander abgegrenzt werden können. Diese Bausteine sind jeweils für sich Konzepte, die schon länger in der Psychologie erforscht bzw. in den vergangen Jahren Schwerpunkte der Positiven Psychologie wurden. Die vier Bausteine im Einzelnen:
Selbstwirksamkeit bzw. Selbstwirksamkeitserwartung ist schon seit den 80er Jahren ein Thema der Psychologie (Bandura 1982). Mit Selbstwirksamkeit ist die Einschätzung gemeint, inwieweit ich in der Lage bin, mit meinen Fähigkeiten eine Aufgabe zu lösen. Oder allgemeiner formuliert: die Einschätzung, inwieweit ich mit meinem Handeln in der Lage bin, im Außen eine Wirkung zu erzielen.
Es liegt auf der Hand, dass diese Einschätzung die Basis dafür ist, überhaupt aktiv zu werden. Wenn ich der Meinung bin, dass ich nicht in der Lage bin, etwas zu verändern, werde ich es nicht einmal versuchen.
Die Forschung (Luthans 2007) zeigt, dass der Einfluss der Selbstwirksamkeit auf die Arbeitsleistung sehr hoch ist, höher als Klarheit der Zielsetzung, Arbeitszufriedenheit, Führungsstil des Vorgesetzten und Durchführung von Verhaltenstrainings.
Die Frage ist nun, wie kann Selbstwirksamkeit gesteigert werden? Hiergibt es laut Bandura vier Strategien:
Der englische Begriff „Hope“ lässt sich vielleicht besser noch mit „Zuversicht“ als mit „Hoffnung“ übersetzen. Gemeint ist damit, auch in einer schwierigen Situation nicht aufzugeben, dran zu bleiben, das Ziel im Blick zu behalten und den Glauben an ein positives Ende und an das Gelingen zu bewahren, im Sinne von „Yes, we can!“
Zwischen Hoffnung und Optimismus zu unterscheiden, ist nicht ganz einfach. Mit Optimismus ist in diesem Zusammenhang die Folge eines bestimmten Attribuierungsstils gemeint. Also die Zuschreibung von Erfolg auf die eigene Fähigkeit und einer realistischen Einschätzung bei Misserfolg, was daran an einem selbst und an äußeren Faktoren liegt. Hier geht es um die Einstellung: „Verändern, was veränderbar ist, akzeptieren, was nicht veränderbar ist, und die Fähigkeit, zwischen beiden zu unterscheiden“. In diesem Sinne ist Optimismus eine erlernbare mentale Strategie.
Resilienz als vierter Baustein des Psychischen Kapitals meint die Fähigkeit, mit schwierigen Situationen umzugehen bzw. die Kraft, eine Krise zeitnah überwinden zu können.
Resilienz wird dementsprechend definiert als die Fähigkeit bzw. die Ressource eines Individuums, trotz Risiken oder Traumata die normale Entwicklung und Funktionsfähigkeit aufrechtzuerhalten oder wieder herstellen zu können. Demnach kann ein Individuum, das als Charaktereigenschaft eine hohe Resilienz aufweist, Not und Elend standhalten oder sich nach einschneidenden Erlebnissen von diesen schnell wieder erholen.
Der Begriff Resilienz wurde insbesondere durch die Arbeit von Emmy Werner bekannt.
Sie führte eine Längsschnittstudie mit 698 Kindern auf der Hawaii-Insel Kauai durch. Die 1977 veröffentlichte Studie zeigte, dass sich Kinder, die biologischen/medizinischen und sozialen Risikofaktoren (wie zum Beispiel Komplikationen bei der Geburt oder Armut) ausgesetzt sind, im Durchschnitt negativer entwickeln als Kinder, die keinen solchen Risikofaktoren ausgesetzt sind. Sie sind zum Beispiel häufiger delinquent, psychisch und körperlich weniger gesund und später beruflich weniger erfolgreich. Das meistbeachtete Ergebnis von Werners Studie jedoch war, dass es auch Kinder gab, die sich trotz zahlreicher Risikofaktoren dennoch positiv entwickeln. Das traf auf ungefähr ein Drittel dieser Kinder zu. Diese Kinder sind resilient.
Diese und weitere Studien konnten zeigen, dass Schutzfunktionen sowohl beim Individuum, in der Familie, als auch in der Umwelt liegen und diese auch interagieren.
Rüdiger Reinhardt (2013) hat die Übertragbarkeit des Konzepts auf deutsche Verhältnisse nachgewiesen und in seinem Buch eine umfassende, deutschsprachige Darstellung des Konzepts „Psychologisches Kapital“ erstellt.
In seinen Untersuchungen konnte er belegen, dass Psychologisches Kapital das individuelle Leistungsniveau erhöht – und zwar unabhängig davon, ob dieses per Selbsteinschätzung, Einschätzung des direkten Vorgesetzten oder anhand objektiver Leistungsindikatoren erfasst wird (Reinhardt 2013). Weitere Befunde:
Das Konzept „Psychologische Kapital“ spiegelt sehr gut meine eigenen Erfahrungen wieder: Ich kann mich an etliche Menschen erinnern, bei denen ich eine niedrige Selbstwirksamkeitserwartung und einen niedrigen Optimismus beobachtet habe und dann zu einem anderen Zeitpunkt wahrgenommen habe, dass ihre Leistungsfähigkeit in Zeiten psychischer Belastung sehr beeinträchtigt ist. Umgekehrt kenne ich Beispiele von Menschen, denen ich eine hohe Selbstwirksamkeit zuschreibe und die in Krisenzeiten sehr stabil und leistungsfähig bleiben. Diese Beobachtung beschreibt „Psychologisches Kapital“ besser als jedes andere Konzept und hat gerade in der aktuellen Zeit eine hohe Relevanz.
Ein andererVorteil ist, dass dieses Konzept besonders gut erforscht ist und der Zusammenhang zwischen weichen Faktoren wie Psychologischen Kapital und harten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen gut belegt ist.
Etwas kritisch sehe ich, dass die vier Bausteine (Selbstwirksamkeit, Hoffnung, Optimismus und Resilienz) sich teilweise überschneiden und konzeptuell nicht klar voneinander trennen lassen.
Eine interessante Frage ist, inwieweit Psychologisches Kapital entwickel- und trainierbar ist. Rüdiger Reinhardt bejaht diese Frage. Meine Einschätzung ist, dass einige Bausteine sich recht leicht verändern lassen und andere nur in einem längerfristigen Veränderungsprozess entwickelbar sind. Mir selbst ist bislang noch kein umfassender, erprobter Trainingsansatz zu diesem Thema bekannt. Eine lohnende Aufgabe!
Mehr zu diesem Thema kannst du sowohl in unten angegebener Literatur als auch in der Ausbildung Positive Psychologie, insbesondere im Aufbaumodel Führung, erfahren. Mehr Informationen dazu findest du hier: Ausbildung Positive Psychologie Level 2
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